Prof. Dr. Florian Egli
Professorship of Public Policy for the Green Transition
Department of Governance
Facts:
- Lieblingsbuch: Homegoing von Yaa Gyasi
- wichtiger Gegenstand: Ein schwarzer Turmalin
- seit Februar 2024 an der TUM
Webseite: http://www.florianegli.com/
Interview
1. Wer sind Sie und was machen Sie an der SOT?
Seit 2024 bin ich Professor an der TUM, wo ich die Forschungsgruppe „Public Policy for the Green Transition“ leite. Dazu baue ich am TUM Think Tank ein Lab auf, welches die Forschungsthemen in enger Zusammenarbeit mit politischen Akteur:innen begleiten wird.
2. Was sind Ihre Forschungsfelder und was fasziniert Sie an diesen?
Wie bauen wir eine Gesellschaft, die Energie und natürliche Ressourcen vernünftig nutzt und so einen lebenswerten Planeten für zukünftige Generationen hinterlässt? Diese Frage treibt mich um und an. An meiner Professur schauen wir uns zwei Aspekte davon an. Die benötigte wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation braucht enorme Investitionen, vor allem auch in Entwicklungsländern. Wir arbeiten direkt mit Akteuren wie der Weltbank und analysieren, welche politischen Rahmenbedingungen es braucht, damit Geld in klimakompatible Technologien, Firmen, Infrastruktur und Projektvorhaben fliesst. Transformation bedeutet Veränderung und diese geht nie ohne Reibung vonstatten. Deshalb schauen wir uns an, wie Regierungen Transformationspolitik so gestalten können, dass die Menschen davon profitieren. Dabei analysieren wir insbesondere grüne Industriepolitiken, also die strategische Förderung grüner Wirtschaftszweige, wie es derzeit viele Regierungen umsetzen. Schlussendlich mag die Forschung aber noch so gut sein, sie muss relevant sein und zu realen Veränderungen führen. Darum ist die dritte Priorität an der Gruppe Public Policy for the Green Transition, die Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsträger:innen – das tun wir im TUM Think Tank Lab.
3. Was sind die aktuell wichtigen Themenbereiche in Ihrer Forschung? Wie haben sich diese in den letzten Jahren verändert und haben Sie eine Idee, wie sich diese in den nächsten zwei Jahren verändern werden?
Mein Forschungsgebiet ist die Ökonomie und die Politik der Nachhaltigkeitswende. Das Feld verändert sich schnell – zum Glück. Vor allem in der Ökonomie beginnt sich eine grössere Pluralität der Gedanken durchzusetzen, die wegkommt von der puristischen Auslegung effizienter Märkte. Kürzlich hat Prof. Angus Deaton, Nobelpreisträger aus dem Jahr 2015, dies schön dargelegt in seinem Aufsatz „Rethining my economics“. Diese Öffnung führt dazu, dass neue Ansätze der grünen Industriepolitik denkbar wären, welche die politischen Realitäten genauso wie öknomische Nutzen und Kosten abbilden.
Neben dieser Verschiebung antizipiere ich zwei grosse Trends für die nächsten Jahre. Die sozialwissenschaftliche Forschung kann auf immer grössere und zeitnahere Daten zugreifen. Ein Beispiel ist die Analyse aktueller Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt in der Klimatransittion basierend auf Linkedin Daten, die immer aktuell und sehr umfassend sind. Daneben wird Forschung zu afrikanischen Ländern wichtiger werden. Die Bevölkerung auf dem afrikanischen Kontinent wächst weiterhin stark bei vergleichsweise schlecht ausgebauter Infrastruktur. Hier kann und muss die Forschung helfen, Entwicklungspotenziale aufzuzeigen und zu nutzen, welche die klimatischen Realitäten abbilden.
4. Wie sind Sie dazu gekommen, Professor zu werden und warum an der TUM?
Ich liebe die Freiheit meiner inhaltlichen Neugierde freien Lauf zu lassen und mit intrinsisch motivierten Menschen aus der ganzen Welt zusammen zu arbeiten. Die TUM ist ein idealer Ort für mich aus zwei Gründen. Ich bin davon überzeugt, dass Technologie in unserem Leben immer wichtiger wird. Politische Entscheidungsträger:innen müssen Technologie verstehen. Tun sie das nicht, riskieren wir Steuergelder zu verschwenden und demokratische Entscheidungsräume zu verlieren. Die TUM ist dafür ideal positioniert als führende Universität in Europa. Zudem hat sich die TUM einer ambitionierten Nachhaltigkeitsstrategie verschrieben und bearbeitet die Schnittstelle zur Politik mit dem TUM Think Tank professionell, ein Novum an einer technischen Universität in Europa.
5. Was kann ein Studium heute leisten und warum sollten Menschen bei Ihnen studieren?
Das Studium ist nicht der einzige Weg im Leben, aber es kann helfen einen kritischen Blick auf die Geschehnisse unserer Welt zu entwickeln. Ich wünsche mir, dass Studierende ein Grundverständnis der Nachhaltigkeitstranformation mitnehmen und vor allem das Gefühl etwas bewegen zu können. Wir leben in der privilegierten Postiion, dass wir unsere Leben mitgestalten können – politisch, gesellschaftlich, wirtschaflich. Dieses Privileg schlau nutzen zu lernen ist ein grosses Ziel meiner Lehre.
6. Von wem haben Sie in Ihrem Leben am meisten gelernt?
Ich habe so viele unterschiedliche Sachen von unterschiedlichen Menschen gelernt. In der Vielfalt der Gemeinschaft lernt man am meisten und am besten glaube ich. Gelernt habe ich aber auch von meiner Katze – Gelassenheit und im richtigen Moment bereit sein.
7. Gibt es etwas, was Sie schon immer mal ausprobieren wollten und wozu Sie noch nicht gekommen sind? Wenn ja, woran lag es, dass Sie noch nicht dazu gekommen sind?
Ach es gibt unzählige Dinge, die ich gerne machen würde. Ich habe einmal in Dakar, Senegal gearbeitet. Dort wäre ich gerne geblieben, um etwas aufzubauen. Es hat dann leider nicht in den Lebensentwurf und meine Partnerschaft gepasst.
8. Mit welchem Satz würde Ihre Biografie beginnen?
Wenn es je soweit kommt, soll das die Autor:in entscheiden.
9. Wie könnte Ihr Alltag ohne Arbeit aussehen?
Mehr Schlaf, weniger Kaffee, mehr Theater, mehr Garten, mehr Berge und Meer.
10. Gibt es einen Gegenstand, den Sie in Ihrem Leben nicht missen möchten? Wenn ja, welchen und warum?
Ein schwarzer Turmalin. Das Wieso bleibt geheim.
11. Was ist Ihr Lieblingsbuch und warum können Sie es empfehlen?
Homegoing von Yaa Gyasi. Eine literarische Meisterleistung mit einem Einblick in die koloniale Vergangenheit in Westafrika und deren Auswirkungen ins Jetzt anhand einer sehr persönlichen Familiengeschichte.