
Prof. Dr. Doris Holzberger
Professur für Psychologie des Lehren und Lernens
Department of Educational Sciences
Facts:
- Lieblingsbuch: „Oh wie schön ist Panama“ von Janosch
- wichtiger Gegenstand: Brille und Fahrrad
- seit September 2018 an der TUM
Interview
1. Wer sind Sie und was machen Sie an der SOT?
Ich bin Doris Holzberger und forsche an der SOT im Bereich der Psychologie des Lehren und Lernens.
2. Was sind Ihre Forschungsfelder und was fasziniert Sie an diesen?
Mit meiner Forschung bewege ich mich an der Schnittstelle von Psychologie und Bildungsforschung und schaue mir die Dynamiken hinter Lehr- und Lernprozessen an. Ich will wissen: Was geht in Lehrkräften und Schüler*innen vor, wenn sie unterrichten oder lernen? Und wie lassen sich für Lehrende und Lernende ideale Bedingungen schaffen? Mich interessiert also, was hinter den Kulissen passiert.
Dafür nutze ich unterschiedliche Forschungszugänge. Durch Metaanalysen werten wir beispielsweise eine große Menge von Daten in Hinblick auf eine bestimmte Frage hin aus. So können wir noch einmal aus der Vogelperspektive auf ein Thema blicken und auch konkrete Empfehlungen für Lehrkräfte, Schulleitungen, aber auch die Bildungspolitik und -administration ableiten. Das finde ich sehr spannend, weil wir so unsere Forschung noch besser in den Schulen zur Geltung bringen können.
3. Was sind die aktuell wichtigen Themenbereiche in Ihrer Forschung? Wie haben sich diese in den letzten Jahren verändert und haben Sie eine Idee, wie sich diese in den nächsten zwei Jahren verändern werden?
Meine Forschung hat sich schon von Anfang an um Themen wie Motivation, Person-Umwelt-Interaktionen und Unterrichtsqualität gedreht. Dazu forsche ich auch heute noch sehr viel. Inzwischen stehen aber auch kollaborative Lernsettings auf meiner Forschungsagenda, also die Frage: Wie funktioniert Lernen in einer Gruppe? Und wie lassen sich dabei gleichzeitig das Potenzial der Gruppe als Ganzes und das der einzelnen Lernenden ausschöpfen?
Hier haben sich die Bedingungen in den letzten Jahren sehr verändert. Vor der Corona-Pandemie waren die meisten Schulen noch sehr analog gestaltet. Heute müssen wir innovative technologiebasierte Lernsettings ausloten, um Unterricht innovativ zu gestalten und die Möglichkeiten der Digitalisierung auch für Schulen und Lehrkräfte zu nutzen. Simulierte Lernumgebungen können etwa effizient sein, um noch individueller auf einzelne Lernende einzugehen und sich ihren Bedürfnissen anzupassen. Wir müssen Unterricht heute ganz neu denken.
4. Wie sind Sie dazu gekommen, Professorin zu werden und warum an der TUM?
Die Wissenschaft hatte für mich schon immer einen besonderen Reiz, eben weil sie Wissen schafft, das sich dann auch praktisch nutzen lässt. Es war mir immer ein Anliegen, nicht die Wissenschaftlerin im Elfenbeinturm zu sein, sondern mich auch mit Personen aus der Bildungspraxis auszutauschen. Kurz: Ich möchte meinen Teil dazu beitragen, innovative Bildungskonzepte in die deutschen Schulen zu bringen.
Die TUM bietet mir dafür viele Möglichkeiten. Mit ihrem technologieorientierten Mindset und den vielen interdisziplinären Ansätzen ist die TUM der perfekte Ort um Forschung zu betreiben, die zukunftsgewandt und gesellschaftlich relevant ist.
5. Was kann ein Studium heute leisten und warum sollten Menschen bei Ihnen studieren?
Bildung ist die Grundlage, um die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Wir brauchen kluge Köpfe mit innovativen Ideen und auch ein Bildungssystem, das die Fachkräfte von morgen ausbildet. An meiner Professur erarbeiten wir dafür neue Konzepte und legen die Grundlagen für das Bildungssystem von morgen.
Studierende haben hier im Bereich der Bildungswissenschaften eine mehrfache Chance: Sie können sich unter besten Bedingungen fachlich zu Lehrkräften ausbilden. Dabei kommt auch die praktische Komponente nicht zu kurz. Außerdem bietet die TUM School of Social Sciences and Technology einen interdisziplinären Rahmen. Die Studierenden haben also die Möglichkeit auch über den Tellerrand zu schauen und einzuordnen, wie sich Bildung im Zuge der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen wie KI, Nachhaltigkeit und Digitalisierung einordnen und ausgestalten lässt. Mit meiner Professur möchte ich meinen Studierenden daneben auch die Perspektive der Lehrenden und Lernenden öffnen, sodass sie später – ob als Lehrkräfte, als Forschende oder in anderen bildungsbezogenen Berufen – ein Verständnis für die psychologischen Dynamiken haben, die sich beim Unterrichten und Lernen abspielen.
6. Von wem haben Sie in Ihrem Leben am meisten gelernt?
Das ist eine schwierige Frage! Es gibt viele Menschen, die mich in meinem Leben inspiriert haben: meine Oma, die immer mit Zuversicht in die Zukunft geblickt hat; meine Eltern, die mir gezeigt haben, was Zusammenhalt und Geborgenheit bedeutet. Aber auch unabhängig von Personen, haben mich christliche Werte viel gelehrt und immer sehr stark geprägt.
7 . Gibt es etwas, was Sie schon immer mal ausprobieren wollten und wozu Sie noch nicht gekommen sind?
Ich wollte schon immer einmal eine Wattwanderung machen. Da mag die Forscherin aus mir sprechen, aber ich stelle mir das unglaublich spannend vor, einen Lebensraum zu entdecken, der normalerweise im Verborgenen liegt.
8. Mit welchem Satz würde Ihre Biografie beginnen?
Also ob es eine Holzberger-Biografie geben wird … Da mache ich mal keine Versprechungen! Aber wenn dann würde ich natürlich in die Vollen gehen:
„Auf der Suche nach Perfektion fand sie die Schönheit im Guten und sann darauf, diese in die Welt zu tragen.“
9. Wie könnte Ihr Alltag ohne Arbeit aussehen?
Ich würde meine Stärken und Fähigkeiten in einem Ehrenamt einbringen, mehr Sport machen und natürlich auch viel Zeit mit Freunden und Familie verbringen.
10. Gibt es einen Gegenstand, den Sie in Ihrem Leben nicht missen möchten? Wenn ja, welchen und warum?
Ganz pragmatisch: Die Kombo Brille und Fahrrad! Ohne sie würde mein Alltag nämlich nicht funktionieren.
11. Was ist Ihr Lieblingsbuch und warum können Sie es empfehlen?
Momentan „Oh wie schön ist Panama“ von Janosch, weil es auf witzige und kluge Art und Weise ein menschliches Dilemma zeigt: Wir sind stets auf der Suche nach dem Glück. Dabei haben wir es – mit etwas Abstand betrachtet – vielleicht längst gefunden.